Wenn die Glocken hell erklingen und der Sommer zieht durchs Land… So sang Vico Torriani in der Kleinen Kirche und die vielen Gäste stimmten fröhlich in diesen alten deutschen Schlager ein.
Denn die Frauenhilfe hatte zur Seniorenfeier der Evangelischen Kirchengemeinde eingeladen.
Zuvor wurden alle im Gemeindezentrum mit einem herrlichen Tortenbuffett verwöhnt. Bei anregenden Gesprächen genossen die Besucher:innen die vielen Köstlichkeiten. Manche hatten sich lange nicht gesehen und schon füreinander Plätze frei gehalten, um die gute Gemeinschaft wieder erleben zu können.
Anschließend in der dann angenehm kühlen Kleinen Kirche begann Pfarrer Peter Marker mit einer Andacht, die von fröhlichen Liedern eingerahmt wurde. Sein Text war das Motto des letzten Kirchentags: Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils. Die Vergangenheit und unsere Zukunft können wir nicht beeinflussen, sagte er; aber unsere Gegenwart können wir entscheidend mitbestimmen und sie zuversichtlich mitgestalten, trotz aller Einschränkungen im Alltag und Alter. So kann jeder und jede diesen schönen Sommer dankbar aus Gottes Hand nehmen.
Anlässlich der defekten Glocke der Kleinen Kirche, die jetzt schon seit einigen Monaten schweigt, hatte sich der Vorstand der Frauenhilfe auf das Thema Glocken vorbereitet. Erstaunt waren alle darüber, wie spannend, interessant und umfangreich dieses Thema ist. Zuerst erfuhren die Anwesenden von Conny Weseloh allgemein Wissenswertes über die Handwerkskunst, Funktion, Alter, Größe und Inschriften von Glocken. Im anschließenden von Rosi Kubacki begleiteten Quiz, konnten sie dann ihr Wissen einbringen. Es war erstaunlich, wie viel schlummernde Erinnerungen geweckt wurden. Hermann Lünnemann erzählte, der letzte Küster, der die Glocken mit dem Glockenstrang in Bewegung setzte, war der Küster Buck. Sein Glockenjunge, der ihm dabei half, musste danach im Gottesdienst den Blasebalg der Orgel bedienen. Auch die schlimmen Kriegszeiten waren in der Erinnerung noch deutlich präsent. Sehr belastend war es für die Menschen, dass die Glocken abgeliefert werden mussten, um für Waffen eingeschmolzen zu werden. Anna Flothmann erzählte, wie bedrückend es für ihren Vater war, mit für den Abtransport der Glocken der Großen Kirche sorgen zu müssen. Es war ein sehr schwieriges Unterfangen und ein Riesenaufwand für die Männer, die vier schweren Glocken aus dem Turm zu holen.
Glücklicherweise kamen nach dem Krieg zwei Glocken vom Glockenfriedhof in Hamburg-Harburg ungebraucht wieder zurück. Das Lied von der Glocke war den Gästen allgemein bekannt. Erika Hagemann, Fenna Hagmann und Rudolf Wendler konnten aus dem Gedächtnis heraus Textstellen aus dem Gedicht von Friedrich Schiller frei vortragen. Elisabeth Czortek sogar up Platt.
Zwischendurch leitete Kantorin Simone Schnaars zum Singen des Kanons „Bruder Jakob“ an. Ding, dang, dong tönte es durch die Kleine Kirche. Dann erklärte Conny Weseloh noch den Schaden der defekten Glocke und wies auf eine Veranstaltung der Gemeinde zu diesem Thema im Herbst hin.
Mit einer Spende, in gleichen Teilen zugunsten der Glocke und der Frauenhilfe, bedankten sich die Besucher:innen für den gelungenen Nachmittag. Beim Singen des Nachtwächterliedes „Hört ihr Herrn und lasst euch sagen“ zum Abschluss stimmten alle Anwesenden mit ein: „Menschenwachen kann nichts nützen, Gott muss wachen, Gott muss schützen.“
RK/hb